Medien: Streaming boomt, TV verliert, Kino (so gut wie) tot

21.01.2021 (update 10.03.2021)
Die letzten Quartalszahlen von Netflix - mit über acht Millionen neuen Abonnennten (insgesamt 204 Millionen) - zeigen eines deutlich: der Siegeszug von Streaming setzt sich fort. Der Vorteil ohne Zweifel: zeitlich ungebunden, kann jeder die Filme sehen die er möchte, wo immer er will. Dass Programm selber zusammenstellen - immer mehr Menschen machen davon Gebrauch. Dies zeigt auch die rasante Entwicklung des Streaminganbieters Disney+. Im November 2019 gestartet, nutzen 16 Monate später bereits über 100 Millionen weltweit diesen Dienst. Eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zeigt: auch Amazon und Youtube machen den etablierten TV-Sendern immer mehr Konkurrenz, haben sie  hinter sich gelassen. Und: es ist noch längst nicht das Ende der Entwicklung erreicht. 

Öffentlich-Rechtliche Sender haben diesen Trend weitesgehend verschlafen. Aktuelle Studien zeigen: die Senderflucht gerade bei den jüngeren Zuschauern ist verheerend. Unter Teenagern ist es geradezu cool geworden ARD und ZDF zu 'haten'. Die versuchen mit einzelnen Sendungen - zum Beispiel unter dem Label 'Funk' - auf Youtube gegenzusteuern. Wirklich verhindern können sie die Abwanderung damit nicht. Zu schwerfällig erfolgen immer noch die Entscheidungen in den grossen Sendern. Zu festgefahren ist das Denken in einzelnen Redaktionen. Wer will schon eine weitgehend unkritische 90-Minuten-Doku über Greta sehen, wenn anderswo ein spannendes Road-Movie über Hooligans und Rechtsextreme läuft ;)

Und da sind wir auch schon 'zufällig' genau beim Thema. Mit ARD und ZDF haben wir gebrochen. Nach mehr als einem vierteljahrhundert Filmemachen sind wir es einfach leid, uns von realitätsfernen Redakteuren sagen zu lassen, wie man eine Doku korrekt umsetzt. Was denn genau ein 'Thema' ist. Der Erfolg gibt uns Recht. Hatten wir ursprünglich damit gerechnet, etwa hundert mal den Film 'Inside HogeSa - Von der Strasse ins Parlament' übers Netz zu verkaufen, sind es jetzt schon mehr als 2.000 Nutzer, die dafür Geld ausgegeben haben. Danke für euer Interesse. 'Streaming first' - eine Entwicklung, die gerade 2020 erheblich an Fahrt aufgenommen hat, und sich 2021 fortsetzt.

Dass lange - und durchaus auch kontroverse - Dokumentationen vor allem bei Jüngeren auf Interesse stossen, zeigen jüngste Zahlen von youtube. Dort, wo Ende Dezember eine Kurzversion unseres Filmes lief. Und von mehr als 10.000 Nutzern gesehen wurde.

altersschnitt zuschauer hogesa
Aktuell drehen wir an einer Fortsetzung von 'Inside HogeSa'. Ob daraus ein zweiter Teil folgen wird, wissen wir noch nicht. Außerdem: für den Sommer 2022 haben wir die Veröffentlichung von 'Inside Black Block' geplant. Ein Dokumentarfilm über die Entsehung und Entwicklung der autonomen Szene, über die Rolle und Bedeutung von Gewalt. Ein Projekt für dass wir schon seit Jahren filmen. Selbstverständlich kommen wir mit Beamer und Leinwand bei euch vorbei, stellen uns der Diskussion. Gern unter freiem Himmel bei einem Bier. Oder ihr besorgt euch unsere Filme über die Streamingdienste. Weitere Projekte, insbesondere zur Zeitgeschichte, sind in Planung. Lasst euch überraschen ....

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Medien: 'Wie ich meine Zeitung verlor' (144 Seiten, 2020, 15 Euro)

»Ein Buch, so wahr, so richtig und mutig. Wer Journalist ist und am Ende nicht heulen muss, hat es nie ernst gemeint mit seinem Beruf.«
Judka Strittmatter 06.07.2020

Seltsam. Während die einen begeistert sind, finden andere Kollegen "es ist ein peinliches Buch". Ein guter Bekannter meinte gar, dieses "Rumgeheule" müsse man nicht lesen.

Ich finde: man sollte es lesen. Weil diese 144 Seiten eine Bestandsaufnahme sind, wie weit die Branche mittlerweile sprichwörtlich 'auf den Hund' gekommen ist. Wie Feigheit, die 'richtige' politische Haltung', das Verschweigen von Wirklichkeit heute zum journalistischen Handwerk dazugehören.

MeinhardtNun macht jeder in der Branche seine ganz eigenen Erfahrungen. Jeder Journalist ist auch anders sozialisiert. Birk Meinhardt hat am 'Roten Kloster' in Leipzig studiert, der DDR-Ausbildungsstätte für SED-nahe 'Journalisten'. Er hat jahrelang in der Diktatur mitgemacht, in Staatspostillen Artikel geschrieben. Auch wenn er - wie er heute betont - damit Probleme hatte. Zur Erinnerung: keiner musste mitmachen. Auch in der DDR nicht.

Nach dem Systemzusammenbruch hat Meinhardt - als einer der ersten - bei einer sogenannten 'Westzeitung' (der Süddeutschen) als Reporter angefangen. Ist schnell dort aufgestiegen, weil er brilliant schreiben konnte (und kann). Anfang des neuen Jahrtausends mit Auszeichnungen wie dem 'Kisch-Preis' bedacht worden. Er gilt in der Branche immer noch als die Menschwerdung zur 'Edelfeder'.

Irgendwann, so beschreibt er es im Buch eindrücklich, sei er nachdenklich geworden. Weil einige seiner Geschichten plötzlich nicht mehr veröffentlicht wurden. Die über die 'Deutsche Bank' zum Beispiel, die über den Umgang mit Rechtsextremen vor deutschen Gerichten auch. Er, der Starreporter lernte nun die Zensur 'Made in BRD' kennen. Die vorgeschobenen Argumente etwas nicht zu publizieren, das süffisante Weglächeln von Kritik.

Nun hat nicht jeder Journalist ein Anrecht darauf, dass man ihn unbedingt druckt. D'accord. Es gibt im Zeitalter des Internets genügend andere (und eigene) Möglichkeiten zu publizieren. Wenn man diese Themen als Redaktion jedoch in Auftrag gibt, dann braucht es schon handwerkliche Argumente einen Abdruck zu unterlassen. Alles andere ist Zensur. Das blumige Geschwafel von Presse- und Meinungsfreiheit kann man sich dann sparen. 

Was Birk Meinhardt beschreibt sind eigene Geschichten aus mehr als 30 erlebten publizistischen Jahren. Gnadenlos subjektiv erzählt und gerade deshalb so ungemein packend. Andere Kollegen haben ähnliches erlebt. In den letzten Jahren. Vor allem im Herbst 2015. Von: "diese Geschichte machen wir so nicht" bis "das Thema sehen wir nicht".

Auch ich könnte darüber ein Buch schreiben. Über meine Erfahrungen bei ARD und ZDF. Bei den 'Leuchttürmen' des Journalismus. Die - wie es ein Kollege mal so treffend formulierte -"Investigation nur simulieren". Warum einem wie mir, mittlerweile die Lust auf Journalismus im Öffentlich-Rechtlichen TV vergangen ist. Wie man sich enttäuscht und verbittert abwendet, selbst immer radikaler wird. Dieses Zeilen werden kommen. 

Bis dahin sei das Buch 'Wie ich meine Zeitung verlor' von Birk Meinhardt empfohlen. Ein mutiges Buch. Und: ein sehr, sehr notwendiges Buch. Für 15 Euro in  Buchhandlungen oder im Eulenspiegelverlag zu erwerben. (Fred Kowasch)

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Ermittlungsakten: Dem Journalismus einen Bärendienst (Reblog)

von Fred Kowasch

Es gibt in der Praxis schon mal Tage, an denen man als Journalist oder Filmemacher mit Polizeiermittlern in Kontakt gerät. Sei es, dass sie einen am Rande einer Demonstration ansprechen. Sei es in einer Recherche zu hintergründigen Themen in Politik, Sport oder Medien. In der Regel sind dann die Fronten klar. Allenfalls geht es dabei um ein kurzes Gespräch, eine oberflächliche Verifikation bestenfalls. Dass man mit seiner Recherche beim Thema nicht komplett falsch liegt.

Worum es überhaupt nicht geht, gehen kann, ist Ermittlern selbst recherchierte Informationen zu überlassen. Polizei und Staatsanwaltschaft sprichwörtlich 'zu füttern’. Damit sie sich irgendwann vielleicht einmal erkenntlich zeigen. Daraus noch eine weitere Story entstehen, produziert werden kann. Diese Art von 'Kick-Back'-Geschäften sind nicht umsonst ein absolutes 'No Go' im Investigativen Journalismus.

ohne anschluss2Ende Mai berichtete das Nachrichtenmagazin 'DER SPIEGEL' unter der Überschrift „Wenn’s läuft, dann läuft’s“ über einen ziemlich ungeheuerlichen Fall im Journalismus. Ein bekannter Investigativjournalist - der im Auftrag der ARD arbeitet - soll mit seiner Produktionsfirma darin verwickelt sein.

Es geht um die Weiterleitung von als vertraulich deklarierten Aussagen aus einem Gespräch mit einem Sportler. Einem bekannten österreichischen Profi aus dem Skilanglaufsport. Einer der 2014 positiv getestet wurde. Einem befreundeten Buchautor seine Version seiner Lebensgeschichte erzählte. Der daraus ein Buch machte. Und hier kommt die für die ARD arbeitende Potsdamer Produktionsfima in Spiel.

So kam es im September 2018 im Oberhofer Hotel "Thüringenschanze" in einem dortigen Seminarraum zu einem mehrtägigen Gespräch mit dem österreichischen Skilangläufer Johannes Dürr. Oberhof deshalb, weil sich Dürr im nahen Skitunnel dort auf die folgende Saison vorbereitete. Im Raum mit dabei - neben zahlreichen Kamerageräten - auch die Journalisten Hans-Joachim Seppelt und Wolfgang Bausch. Und spätestens hier wird es interessant. Und relevant.

Denn in einem Aktenvermerk österreichischer Ermittler, auf den der damals mit Dürr befreundete Romanautor Martin Prinz, als Nebenkläger im späteren Prozeß stiess, steht Unglaubliches. Prinz hat dies in dem Artikel - Die Rolle des Journalisten Hans-Joachim Seppelt im Fall Johannes Dürr - in der ‚Neuen Züricher Zeitung’ bereits am 31.03.2020 öffentlich gemacht.

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Journalist vor Ort: "Was sie hier veranstalten, ist symbolisches Affentheater"

Die Proteste für die Grundrechte und gegen die Einschränkungen aufgrund der Corona-Maßnahmen der Behörden - für SPIEGEL.TV zum Beispiel ein "Treffen der Aluhüte". Auch in anderen Medien ist pauschal von Verschwörungstheoretikern die Rede, werden Teilnehmer lächerlich gemacht. Dabei bedeutet doch Journalismus eigentlich auch, vorurteilsfrei zu berichten. Der Sache neugierig auf den Grund zu gehen, nach den Motiven der Menschen vor Ort zu fragen. Dies erfolgte schon nicht bei der 'Pegida'-Bewegung im Herbst 2014, nun scheint sich dies zu wiederholen.

Ein besonders eindrückliches Beispiel - wie man als Journalist vor Ort überhaupt nicht recherchieren sollte - zeigt folgenden Video (ab Minute 15). Und 'leider' scheinen sich mit dem seltenen Netzfund alle Vorurteile gegen Medienvertreter nur zu bestätigen. Das Video ist vom 1. Mai 2020.

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Medien: 25 Leute mit Wechselsachen - Der Angriff auf die 'Heute-Show'

12.05.2020
25 Leute - laut jüngster Polizeimeldung - mit Wechselsachen. Wir hatten es in einer der unserer ersten Artikel dazu bereits (etwas voreilig zwar) vornweggenommen. Es ist der bekannte G-20-Style von Anfang Juli 2017 aus Hamburg. Hose schwarz, T-Shirt weiss, ein leichtes Rücksäckchen aus schwarzem Stoff auf dem Rücken. Und: es ist richtig 'mutig' mit 25 Leuten auf sieben andere draufzugehen. Auch noch eine Frau ins Krankenhaus zu befördern. Weil sie wohl ihre Arbeit gemacht haben. Möglicherweise zum Schluß den 'Falschen' befragten ....

09.05.2020
Gut eine Woche ist er jetzt her: der Angriff von ca. 15 schwarz gekleideten, teil vermummten Personen auf Mitarbeiter eines Teams der 'Heute Show'. Und mit einigem Abstand betrachtet, stellen sich dann doch auch ein paar Fragen zum Handeln der Polizei. Wie die Tageszeitung taz jüngst in dem Artikel 'Woher diese Gewalt?' berichtete, erfolgte die Festnahme der sechs Tatverdächtigten nicht in unmittelbarer Nähe des Tatortes. Sondern in der Oranienburger Strasse. Die ist nicht nur ziemlich lang, sondern auch um Einiges weg vom Tatort an den S-Bahn-Bögen in der Nähe des Alexanderplatzes.

Und warum wurden diese - in der Oranienburger Straße Festgenommenen - dann zum angegebenen Tatort gefahren und dort - mit Handschellen gefesselt - verschiedenen Medienvertretern präsentiert? Mindestens zwei Kamerateams waren plötzlich vor Ort, eine Polizeiprecherin gab Auskünfte. Immerhin ist seit gestern Abend bekannt: dass Drehmaterial des 'Heute Show' Teams vom 1. Mai liegt beim Berliner Landeskriminalamt und wird dort ausgewertet. Wohl auch deshalb lief gestern Nichts davon in der Sendung.

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Autonome: Polizeivideos aus Leipzig geleakt (#le1212, 2015)

In Leipzig scheinen die Behörden ein 'leichtes' Händchen zu haben. Nachdem vor drei Jahren zahlreiche Ermittlungsunterlagen über Tatverdächtige des Überfalls von Hooligans und Rechtsextremen am 11. Januar 2016 in Connewitz auf abendteuerlichen Wegen bis in die dortige Szene 'durchgestochen' wurden, sind jetzt erneut brisante Polizeidaten außer Kontrolle geraten. Diesmal handelt es sich um zwei Filme, die - aus Sicht der Polizei - den Einsatz am 12. Dezember 2015 in der Leipziger Südvorstadt zeigen. Auf den Videos: wie Autonome massiv Polizeieinheiten mit Steinen bewerfen. Die Filme von neun und sechs Minuten Länge sind ein Zusammenschnitt verschiedener Polizeikameras.


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Sky, DAZN, Magenta.sport, Netflix, Amazon Prime, Apple.tv+, Disney+, Hulu - Hilfe!!

Jüngst nach einem Waldspaziergang mit Freunden: "was für Medien habt ihr abonniert"? Der eine nutzt was noch frei zu lesen ist, zahlt aber nicht. Der andere hat ein Abo bei der NZZ, nutzt und spendet für 'Tichys Einblick'. Und ich? Magenta.sport - weil 'mein' Verein gerade in der 3. Liga spielt. DAZN (das Abo läuft aus). Wegen der EM-Qualifikation. Netflix? Schon lange gekündigt. Amazon Prime? Nein, wird mir zu viel. Gibt ja noch die Mediatheken von arte, 3sat, ARD und ZDF. Und ja, manchmal noch 'Die Zeit' und den 'Spiegel'. Gratis von Bekannten übermittelt. Die - politischen - 'Blätter' im Abo. Auch gerade erst gekündigt. Viele Artikel gib es dort, kurze Zeit nach Print-Erscheinen online eh umsonst. Und jetzt noch Apple.TV+, Disney+, Hulu??? .... HILFE!!

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Grand Depart 2017: Ein Sport-Journalist verklagt die Stadt Düsseldorf (Reblog)

AKTUELL: Verwaltungsgericht - Stadt Düsseldorf muss Tour-de-France-Vertrag offenlegen

21.10.2019
Der freie Sport-Journalist Ralf Meutgens hat - mit Hilfe des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) - die Stadt Düsseldorf verklagt. Es geht um die Herausgabe des Vertrages der Stadt mit dem Tour de France-Veranstalter A.S.O.. Düsseldorf war im Juli 2017 Startort des bekanntesten Radrennens der Welt. Mittlerweile ist bekannt: Düsseldorf hat mit dieser Veranstaltung Millionen Euro an Verlusten gemacht. Millionen Euro Miese an Steuergeld. Oberbürgermeister Thomas Geisel - ein begeisteter Hobbyradfahrer - ist nun merklich in der Bredouille. Zumal das Verwaltungsgericht der NRW-Landeshauptstadt signalisiert hat: die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf Einsichtsnahme in diesen Vertrag. Ein Vertrag, der noch für einigen Gesprächsstoff sorgen könnte.


Disclaimer: Der Betreiber dieser Webseite (Fred Kowasch) hat zusammen mit Ralf Meutgens im Oktober 2016 für die WDR-Sendung 'Sport inside' einen Film über die umstrittene Austragung von Düsseldorf als Startpunkt der Tour de France 2017 realisiert. Er hat Ralf Meutgens zum Ablauf der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf am 21.10.2019 befragt.

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